Interview gesCHÄFTSFÜHRER UND FAMILIENMITGLIEDER DER 3. GENERATION
12.09.2023 Straubing, Deutschland

Interview mit Anton und Sebastian Sennebogen

Nach 71 Jahren Unternehmensgeschichte ist SENNEBOGEN sehr gut aufgestellt, der Übergang in die 3. Generation ist mehr als eingeleitet. Wir sprechen mit Anton und Sebastian Sennebogen über aktuelle Herausforderungen und ihre Strategie für die Zukunft.

Sie sind beide mittlerweile seit mehreren Jahren im Unternehmen tätig. Welche Vorteile bringt das System „Familienunternehmen“ und wie wollen Sie die Erfolgsgeschichte in der nächsten Generation fortschreiben?

Anton Sennebogen:

Das Familienunternehmen prägt uns natürlich schon immer, und das soll es auch in Zukunft: sowohl die kurzen Entscheidungswege, aber auch die Detailtiefe, in der sich die Gesellschafter bewegen. Das wollen wir fortführen. Denn das ist ein wichtiger Punkt, warum wir im Vergleich zu anderen immer schnell handeln können. Und wir denken in Generationen – auch das ist ein riesiger Unterschied von Familienunternehmen zu Konzernen, den wir beibehalten wollen.

 

Sebastian Sennebogen:

Sicher kann man sagen, dass wir durch den Weitblick der 1. und 2. Generation schon früh Erfahrungen in der Firma sammeln durften, angefangen bei Schulpraktika, Ferienarbeit etc. Jeder von uns hat Einblick in viele unterschiedliche Bereiche bekommen: von Produktion, Ersatzteillager, bis hin zu IT oder Marketing. Dabei hat man nicht nur gesehen, was die Abteilungen machen und wie die Prozesse ablaufen, sondern man konnte bereits wichtige Kontakte knüpfen. Das hat die Lust geschürt einzusteigen, auch weil das Unternehmen den familiären Charakter behält.

Nach all der Zeit der „Prägung“: Gibt es konkrete Eigenschaften oder Herangehensweisen, die Sie von der 2. Generation übernehmen wollen? Was wollen Sie anders machen?

Sebastian Sennebogen:

Wir machen auf alle Fälle Dinge anders als unsere Elterngeneration, was ja auch wichtig ist. Ein Unternehmen ist immer im Wandel und wir wollen diesen mitgestalten. Außerdem hat jeder Mensch andere Ansichten und Einstellungen. Es wäre sogar eher ungünstig, wenn wir exakt genauso weitermachen, denn Zeiten ändern sich, ebenso die Strategien. Jede Generation hat einen Kulturwandel.

Anton Sennebogen:

Am Ende des Tages hat auch jeder seine individuellen Stärken, die er in seinen Verantwortungsbereichen einbringt. Außerdem wird die Firma immer größer. Da muss man Strukturen, Strategien und Prozesse stetig anpassen. Was wir aber sicherlich beibehalten wollen, ist der familiäre Charakter. Das ist schon auch unsere Ansicht von einem Familienunternehmen. Es soll auch weiterhin die Möglichkeit geben, mit einem Herrn Sennebogen zu sprechen, egal ob für Kunden, Händler, Lieferanten oder Mitarbeiter. Ein ebenso zentraler Punkt ist die Agilität. Also dass man sich anpassen kann, wenn sich Randbedingungen ändern. Wir wollen agil bleiben.

Sebastian Sennebogen
Sebastian Sennebogen

Sebastian Sennebogen:

Gleichermaßen wichtig ist der gesamtheitliche Überblick mit einer gewissen Detailtiefe. Es ist wertvoll, dass man nicht auf 100 Seiten Präsentation angewiesen ist, um die Abläufe zu verstehen, sondern dass jeder von den grundlegenden Unternehmensprozessen und Produkten einen sehr guten Plan hat.

 

Apropos Bereiche: Aktuell kümmern Sie sich, Anton Sennebogen, hauptsächlich um Finance, Controlling und HR, und Sie, Sebastian Sennebogen, sind eher in der Produktion und Technik zuhause.

Was sehen Sie als wichtigste Herausforderungen und Trends in Ihren Bereichen und wie wollen Sie diesen begegnen?

Anton Sennebogen
Anton Sennebogen

Anton Sennebogen:

Herausforderung Nr. 1 ist bei mir der Fachkräftemangel. Hier sind wir schon seit einiger Zeit extrem aktiv und werden noch viele Maßnahmen ergreifen. Es kommt ja nicht nur darauf an, dass wir unsere Mitarbeiter halten möchten, sondern wir müssen auch wachstumsbedingt noch weiterhin aufbauen. Es geht also um Mitarbeitergewinnung und -bindung. Das sind die zwei großen Aufgaben der HR und da gibt es x Bausteine. In der gesamten Verwaltung ist zudem die Digitalisierung ein riesiges Thema, auch unter dem Gesichtspunkt des Fachkräftemangels. Das Unternehmen wächst, aber wir können nicht unendlich Leute einstellen, weil es die gar nicht mehr gibt. Schon allein deshalb brauchen wir die Digitalisierung. Hier ist aktuell viel in Bewegung, es gibt viele Ideen.

Sebastian Sennebogen:

Wenn es um die Technik geht, sind auf jeden Fall die unterschiedlichen Antriebsformen zu nennen: Diesel, Wasserstoff, Brennstoffzelle, Akku, Elektro-Kabel etc. Das ist schwierig, weil sich die Regularien ständig ändern, womit wir wieder bei der Agilität wären. Man muss äußerst schnell in der Entwicklung sein, um auf neue Anforderungen eingehen zu können. Wobei die Kunden teilweise selbst noch nicht wissen, was sie beispielsweise in fünf Jahren brauchen. Das gilt auch, wenn es um Automatisierung und Assistenzfunktionen geht. Da wird sich in den nächsten Jahren mit der ganzen Sensorik, Software, Elektronik viel bewegen. Komplexe Funktionen werden Standard: möglicherweise die automatische Entleerung von Schiffen mit Hafenmaschinen. Es zählt dabei auch nicht nur, was in Europa los ist, sondern wir müssen global schauen. Was tut sich in Südamerika, in Asien, Nordamerika?

Wenn man in Richtung Produktion und Qualität denkt, ist es die Prozesssicherheit, an der wir stark arbeiten. Je besser man dokumentiert und beschreibt, je genauer man schon in der Entwicklung spezifiziert, desto besser sind dann auch die Produktionsprozesse. Dabei geht es auch um Skalierbarkeit. Wenn alles gut dokumentiert ist und ein neuer Mitarbeiter weniger Einarbeitungszeit benötigt, kann man schneller mehr produzieren. Außerdem hat man dadurch Qualitätsverbesserungen. Mit der Stückliste, einer guten Beschreibung des Produktionsprozesses, gut geschulten Mitarbeitern und qualitativ hochwertigen Bauteilen, steht einer sehr guten Maschinenqualität nichts mehr im Weg.

Schauen wir in die Zukunft. Wie wollen Sie SENNEBOGEN nachhaltig in die Zukunft führen?

Anton Sennebogen:

Die Grundlage für Nachhaltigkeit ist finanzielle Stabilität. Gibt es diese nicht, kann man auch nicht in nachhaltige Projekte investieren. Diese Stabilität haben wir heute und es muss klares Ziel sein, sie beizubehalten. Um die Zukunft des Familienunternehmens noch stärker abzusichern, haben wir zudem einen Beirat gegründet. Dieser besteht aus unternehmensexternen Mitgliedern, die alle viel Erfahrung mitbringen und zum Teil aus ganz anderen Bereichen kommen. Sie sollen Ideengeber sein und uns als Sparrings-Partner bei strategischen und diskussionsreichen Themen zur Seite stehen.

Sebastian Sennebogen:

Dann geht es beim Thema Nachhaltigkeit natürlich auch darum, die Standorte immer mehr energieautark zu machen – auch um nicht mehr abhängig von Energielieferanten und deren Preisen zu sein. Deshalb investieren wir viel in Photovoltaik, Hackschnitzelheizung, etc. Wir haben jetzt zum Beispiel für Straubing und Wackersdorf statt des Dieselgenerators je einen 500 kWh Batteriespeicher, die wir für das Testen der Elektromaschinen benutzen. Diese werden so gut wie möglich mit der PV befüllt.

Anton Sennebogen:

Aber auch ein fairer Umgang mit den Mitarbeitern ist nachhaltig für die Zukunft. Immer wichtiger wird, dass der Mitarbeiter die Sinnhaftigkeit seiner Arbeit spürt. Außerdem muss die Resilienz gestärkt werden, gerade weil alles so agil ist. Man muss sich robust aufstellen, die Prozesse mit Qualifikationsmatrizen mehrfach absichern, Mitarbeiter durch Schulungen weiter und breiter ausbilden.

Sebastian Sennebogen:

Auch die Produktpalette werden wir noch ausbauen. Es wird immer Kunden geben, die brauchen Diesel, und es gibt Länder, die sehr strenge Regularien haben, wie die Schweiz oder Norwegen. Das wird nicht weniger. Deswegen haben wir eine eigene Abteilung für den Prototypenbau und den neuen Produktentwicklungs Campus gegründet. Um agil und zukunftsgerichtet zu sein, haben wir dort Entwicklung, Versuch und Prototypenbau zentralisiert.

Ganz persönlich: Familienunternehmer sein ist mehr als ein Full-Time Job. Wie schaffen Sie es, dennoch einmal abzuschalten?

Anton und Sebastian Sennebogen
Im Erich Sennebogen Museum: Die beiden Enkel des Firmengründers bauen auf das starke Fundament des Familienunternehmens.

Sebastian Sennebogen:

Grundsätzlich glaube ich, dass als Unternehmer jeder seine eigene Balance finden muss, damit er langfristig gesund bleibt und Spaß daran hat. Wenn man über Jahrzehnte hinweg Mitbewerber outperformen möchte, muss man top fit sein. Deshalb ist es wichtig, auf Körper und Geist zu hören und sich auch mal etwas Gutes zu tun. Das ist bei jedem etwas anderes. Ich mache zum Beispiel gerne viel Sport, sei es Bouldern, Tennis, Mountainbiking oder Laufen. Und für den Geist zählt natürlich, dass man mal etwas mit Familie und Freunden macht, abends grillt und dabei Karten spielt. Ich mag zum Beispiel den Ausdruck „Work-Life-Balance“ nicht, denn die Arbeit gehört zum Leben dazu. Für mich ist es einfach nur „Life-Balance“, und die beinhaltet alle Komponenten.

Anton Sennebogen:

Ich bin Familienmensch und verbringe gerne Zeit mit der Familie. Gerade bei einem Familienunternehmen ist das mindestens genauso wichtig wie bei anderen Familien. Wenn man privat keine Zeit miteinander verbringt, kann man auch nicht miteinander arbeiten. Natürlich geht es dabei häufig auch um die Firma, aber das muss dann einfach raus. Wenn man sich nur in der Arbeit sieht, geht vieles unter. Ansonsten ist es bei mir auch Sport, vor allem Ballsportarten, und Gartenarbeit, bei denen ich den Kopf freibekomme.